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Bielefelder Werte-Scheine

Werte-Scheine als Aufmerksammacher

Wann haben Sie das letzte Mal jemandem Ihre Wertschätzung so richtig deutlich vermittelt, so dass dies auch tatsächlich bei dem oder der Anderen angekommen ist? Wann haben Sie das letzte Mal dies selbst erfahren?

Die bildende Künstlerin Marie-Pascale Gräbener und die Soziologin Dr. Kerstin Große-Wöhrmann haben 2022 das Bielefelder Wertenetz initiiert, um Menschen über Fragen rund um das Thema „Werte“ im sozialen Miteinander in Austausch zu bringen. Antworten auf diese Fragen können mit Hilfe künstlerisch-kreativer Formen Ausdruck erlangen.

In einer zeitweiligen Nähwerkstatt können sie sich gegenseitig Werte-Scheine anfertigen, die der anfassbare Teil eines Bewusstmachungsprozesses sind. Würde, Respekt, Gemeinschaft, Sicherheit, Freiheit, Entfaltung individueller Potenziale – welche Werte zählen für den Einzelnen im persönlichen Alltag? Und für das gesellschaftliche Zusammenleben?

Foto: Kerstin Große-Wöhrmann

Unser allgemein anerkanntes Transaktionsmedium Geld basiert auf dem Vertrauen, dass alle Menschen, mit denen wir Handel treiben wollen, dieses Medium grundsätzlich annehmen würden, sofern die Bedingungen passen, die wir ausgehandelt haben, vor allem soll natürlich der Preis stimmen. Unser Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel (also unsere Scheine und Münzen) erlaubt es uns, den Wert von Waren und Dienstleistungen in puren Quantitäten auszudrücken. Menschen bringen dadurch alles auf den selben Nenner, machen es tauschbar, je nach Währung in Euro, Pfund, Dollar, Yuan oder Yen, gleichgültig, ob es sich um eine Lampe, ein Brötchen, ein ganzes Haus, ein Coaching-Wochenende oder auch eine – vermeintlich käufliche – Liebesdienstleistung handelt. Alles kann mit allem quantitativ verglichen werden. Zur handelbaren Ware kann alles gemacht werden, was „sich nicht wehren kann“.

Foto: Kerstin Große-Wöhrmann

Die jeweils einzigartigen, weil stets individuell vom einen Menschen für den anderen je aufs Neue genähten Werte-Scheine persiflieren gewissermaßen die im Allgemeinen uniformen, maschinell hergestellten Geldscheine und wenden die Idee des „geldförmigen Denkens“ ins völlige Gegenteil. Auf die Werte-Scheine aufgedruckte Quantitäten sind dann nur noch „schein“-bare Verbindungen zu unserem Tauschmittel, ohne reale Bedeutung.

Was ist uns wichtig? Was bedeutet ein anderer Mensch für uns? Was nehmen wir an ihm besonders wahr? Um das Besondere anderer Menschen zu erkennen und dieses auch würdigen zu können und zu wollen, brauchen wir eine ausreichende Sensibilität. Die muss erst reifen und kann sich dabei Schritt für Schritt entfalten. Es geht nicht ohne tiefe, zeitintensive und voraussetzungsvolle Kommunikationsprozesse, die aber – auch und gerade – durch stumme Blickkontakte möglich sind und von allen Beteiligten eben sehr genussvoll gestaltet werden können. Das gemeinsame Herstellen der Werte-Scheine erleichtert diesen Prozess.

Für diese Methode gibt es einen Steckbrief.

Holger Kreft

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